Scholtze

 

Die deutsche Familie Scholtze war lutherischen Glaubens und kam im 18. Jahrhundert nach Polen, wahrscheinlich aus Sachsen. Während der Herrschaft des Königs Stanislaus August Poniatowski gründete Karl Christian Scholtze (1772–1838), der mit Christina Wilhelm verheiratet war, in Warschau eine Seifen- und Kerzenfabrik. Er nahm 1794 am Kościuszko-Aufstand teil, den er mit 1.800 Złoty unterstütze.


Der Familie Scholtze gehörte ein prächtiges Wohnhaus gegenüber dem Mostowski-Palais, das von Karol Henryk Galle entworfen wurde. Heute befindet sich dort die Terrasse des Kinos Muranów (damals Przejazd-Straße, Ecke Mylna-Straße). Das Haus war sehr gut gelegen, in unmittelbarer Nachbarschaft zu den monumentalen Regierungsgebäuden am Bankowy-Platz. Auf der Rückseite des Hauses befand sich die Fabrik. Zudem wurden in der Nowolipki-Straße 33 Kerzen produziert. Im Erdgeschoss des Wohnhauses befand sich bis Ende des 19. Jahrhunderts das große, sicherlich elegante Firmengeschäft.


Der Sohn Karl Christian Scholtzes, Karol Scholtze (1807–1895), errichtete 1839 bei den sog. Deutschen Schuppen (heute die Gegend um die Ksawerów-Straße und die Wielicka-Straße) eine neue Fabrik zur Produktion von Seife und Stearin-Kerzen. Der Betrieb war der erste Vorbote der Industrialisierung im heutigen Stadtviertel Mokotów. Bis 1889 leiteten seine Söhne Karol Jerzy und Wojciech Aleksander Scholtze das Unternehmen, anschließend wurde es von Gustaw Stürmer übernommen.


Wahrscheinlich im Jahr 1849 erwarb die Familie Scholtze ein Palais in der Ksawerów-Straße 13. Heute befindet sich in dem Gebäude das Denkmalschutzamt.


Karol Scholtze wurde 1856 Gesellschafter der Fabrik für Chemische Produkte, die der Chemiker Ludwik Hirszman und Jan Kijewski 1822 gegründet hatten und die als die erste chemische Fabrik im Königreich Polen gilt. In den 1870er Jahren übernahm Adolf Wawrzyniec Scholtze (1833–1914) die Firmenanteile des Vaters und wurde Direktor des Betriebs. Unter seiner Leitung erlebte die Firma eine Blütezeit und exportierte ihre Produkte nach Deutschland und Russland. 1879 errichtete er in Targówek Fabryczny bei Warschau eine Glashütte. Die Firma „Kijewski, Scholtze und Co. – Chemiefabrik und Glashütte AG“, bis 1918 die größte chemische Fabrik im Königreich Polen, bestand bis 1939.


Adolf Wawrzyniec Scholtze setzte sich sehr engagiert für die evangelische Dreifaltigkeitskirche ein, vor allem für die wohltätigen Einrichtungen der Gemeinde. Der Chemiker war Naturforscher aus Leidenschaft und initiierte die Gesellschaft zur Gründung eines Tatra-Museums. Er war Mitglied des Vorstands und unterstützte die Errichtung des ersten Museums in Zakopane, das am 1. Juli 1889 eröffnet wurde, mit erheblichen finanziellen Mitteln.


Adolf Scholtze war zweimal verheiratet: mit Natalia Sennewald (1839–1866), der Tochter des Buchhändlers Gustaw Adolf Sennewald, sowie mit Natalia Schlick (1845–1926).

 

Seine Brüder Karol Jerzy und Wojciech Aleksander Scholtze waren Miteigentümer der Firma „Scholtze, Repphan und Co.“, die Kessel und Dampfmaschinen herstellte. Sie war in den 1840er Jahren von Wilhem Troetzer unter dem Namen Landmaschinenfabrik Warschau gegründet worden (Waliców-Straße 14 Ecke Krochmalna-Straße), trug aber schon vor 1860 den Namen „Scholtze, Repphan und Co.“. Nach einer Neuausrichtung des Produktionsprofils in den 1860er Jahren stellte sie bis 1914 Kessel und Dampfmaschinen her. Sie gehörte zu den sechs größten metallverarbeitenden Unternehmen im Königreich Polen (neben den Firmen „Lilpop, Rau und Loewenstein”, der Aktiengesellschaft. „Norblin, Gebrüder Buch und T. Werner”, „K. Rudzki und Co.”, der „Warschauer Maschinen-Fabrik ” und der „Gesellschaft B. Hantke”).


Stanisław Zygmunt Scholtze (1870–1950), der Sohn von Adolf und Natalia Scholtze, geb. Schlick, war mit Stanisława Zofia Minter (1879–1948) verheiratet, der Tochter von Stanisław Karol (1851–1904) und Aniela Katarzyna Minter, geb. Brun (1857– ?). Auf diese Weise ist die Geschichte der Familien Minter und Scholtze miteinander verbunden. Sie hatten drei Kinder: Tadeusz (1900–1941), Irena, verh. Skąpska (1901–1996) sowie Hanka, verh. Wyganowska (1908–1975). Tadeusz hatte keine Kinder. Die ältere Tochter von Irena Scholtze und Tadeusz Skąpski, Magdalena Skąpska-Kucharska lebt zusammen mit ihren Kindern Maciej Kucharski und Martyna Zawadzka sowie ihren Enkelkindern in Warschau. Die jüngere Tochter von Irena Scholtze, Joanna Skąpska-Kobylińska, wohnt mit ihren Töchtern Aneta Kobylińska-Czarniak und Justyna Kobylińska-Kubus sowie den Enkelkindern in Stettin. Der ältere Sohn von Hanka Scholtze, Wojtek Wyganowski, kam im Warschauer Aufstand ums Leben, während der jüngere, Kajetan Wyganowski, in den USA lebt. (MKuch)
 

 

Adolf Wawrzyniec Scholtze. MKuch

 

Natalia Scholtze geb. Schlicke. MKuch

 

Das Haus der Familie Scholtze im Warschauer Stadtteil Targówek. Von oben: Stanisław Scholtze mit Sohn Tadeusz, Stanisława Scholtze, geb. Minter,...

 

Tadeusz Scholtze, der Offizier des 9. Ulanenregiments, ca. 1920. MKuch

 

Stanisława Scholtze, geb. Minter mit ihrem Enkel Wojtek Wyganowski auf einem Spaziergang in Warschau, ca. 1932. MKuch

 

Hanka Scholtze, 1918. MKuch

 

Irena Skąpska geb. Scholtze. MKuch

 

Haus von Stanisław und Stanisława Scholtze, geb. Minter im Warschauer Stadtteil Targówek. MKuch