Strauss

 

Die Familie stammte aus Pegau bei Leipzig. Um 1740 kam der Stickermeister Johann Gottfried Strauss nach Warschau. Er engagierte sich schon bald für die hiesige evangelische Glaubensgemeinde. Sein Neffe Christian Gottlieb Strauss (1753–1814) folgte ihm später nach und wurde unter König Stanislaus August zum Zuschneider und später zum Hofgarderobier ernannt. Der König verlieh ihm 1790 den Adelstitel mit einem Straußen-Wappen, wobei zugleich die Familien- und Vornamen polonisiert wurden. Christian Gottlieb Straus hatte drei Söhne: Fryderyk Krystian, Besitzer einer Schneiderei; Krystian Bogumił, Hersteller von Stilmöbeln; und Henryk Krzysztof (1783–1850), Juwelier, dessen Sohn Henryk junior (1839–1901) ebenfalls als Juwelier tätig war. Letzterer wurde 1862 verhaftet und in der Warschauer Zitadelle in Gewahrsam gehalten, weil er verbotene Accessoires mit patriotischen Emblemen hergestellt hatte. Seine beiden Schwestern Anna (1829–1912) und Karolina (1833–1909) waren Primaballerinen am Warschauer Großen Theater (Teatr Wielki). Stanisław Antoni Straus (1865–1942), Urenkel des königlichen Garderobiers Christian Gottlieb und von Beruf Elektrotechniker, besaß ein Thermometer-, Barometer- und Manometergeschäft in der Nowy-Świat-Straße 45 – später Nowy-Świat-Straße 5. 1911 eröffnete er eine Manometer-Fabrik in Rembertów bei Warschau und 1915 ein neues Geschäft in der Jerozolimskie-Allee 22. Sein Bruder Adolf Jan Straus (1862–1918) betrieb einen Optikerladen in der Nowy-Świat-Straße 45, später in der Marszałkowska-Straße 109. Das Unternehmen blieb bis zum Warschauer Aufstand 1944 an diesem Ort. Die Manometer-Fabrik in Rembertów wurde nach dem Tod von Stanisław Antoni von seinem Sohn Seweryn (1905–1983) übernommen, der die Produktion während des Krieges fortführte, darunter auch die geheime Herstellung von Handgranaten für die Heimatarmee. Kurz nach Kriegsende wurde die Fabrik verstaatlicht. Seweryn eröffnete 1953 einen privaten Galvanisierungsbetrieb, der aber nach einigen Jahren bankrottging. Bis zur Rente hatte er eine Leitungsfunktion in der Thermometer- und Manometerfabrik „INCO“ in Jeziorna bei Warschau inne.

 

Alle Mitglieder der Familie Straus nahmen aktiv an der Befreiung ihres polnischen Vaterlandes und seiner späteren Verteidigung teil, sowohl im Ersten Weltkrieg als auch in den Jahren 1919 und 1920. 1919 fielen in den Ostgebieten Polens Edmund Konstanty Straus, der Sohn von Stanisław Antoni, sowie Lucjan Ludomir Straus, der Sohn von Karol Franciszek. Bei der Verteidigung Warschaus im September 1939 kamen die Söhne von Stanisław Antoni, Tadeusz Karol und Mieczysław, sowie Zbigniew Emil, der Urenkel von Christian Gottlieb, ums Leben. Beim Warschauer Aufstand 1944 fielen der Soldat der Heimatarmee Janusz Straus (geb. 1901), ein Ururenkel von Christian Gottlieb, sowie der damals für die kommunistische Volksarmee Polens kämpfende Tadeusz Zbigniew Straus (geb. 1922), ein Ururenkel von Fryderyk Krystian.


Die Kriegsverluste konnten nach 1945 nicht ungeschehen gemacht werden. Die wenigen am Leben gebliebenen Mitglieder der Familie Straus nahmen aktiv am Wiederaufbau der Stadt teil und brachten ihre Fähigkeiten und Qualifikationen bei der Neubelebung von Produktion und Handel ein.


Heute leben in Warschau: Ryszard Straus, Politologe und Manager, ältester Sohn des Historikers Witold Straus (verstorben im Januar 2011), eines Ururenkels von Christian Gottlieb Straus, der sich sehr für Warschauer Baudenkmäler eingesetzt hatte – ferner der Elektroingenieur und Renault-Polska-Mitarbeiter Jan Straus, der Sohn des Juweliers Zdzisław, der als Soldat der Heimatarmee im Warschauer Aufstand gekämpft hatte und ein Ururenkel von Fryderyk Krystian ist. (WS)
 

 

Meisterbrief von Adolf Jan Straus, ausgestellt vom Ältesten der Handschuhmacher-Vereinigung in Warschau, 14.03.1892. WS

 

Stanisław Straus mit seinen Söhnen Stanisław, Jan und Edmund; daneben die Porträts der Verstorbenen: Ehefrau Maria und Sohn Władysław, 1900. WS

 

Die Straus-Cousins, von links: Seweryn (Sohn von Stanisław), Janusz (Sohn von Alfons), Tadeusz (Sohn von Stanisław), Teodor (Sohn von Adolf), 1922. WS

 

1872 begann Stanisław Straus seine Familiengeschichte niederzuschreiben, was von den nachfolgenden Generationen bis heute fortgesetzt wird. Hier...

 

Die Geschwister Straus, Kinder von Adolf Bogumił und Amalia Ludwika, geb. Kampad, auf einer Feier anlässlich des 75. Geburtstags der ältesten...

 

Geschäft der Gebrüder Stanisław (Elektrotechniker) und Adolf (Bandagist) Straus in der Nowy-Świat-Straße 45, 1898. WS

 

Innenraum des Geschäfts in der Nowy-Świat-Straße 5, das von Stanisław Straus alleine betrieben wurde, 1910. WS

 

 

Janusz Straus. WS

 

Haus in der Marszałkowska-Straße 109 (Ecke Złota-Straße) mit Firmenschild des Optikergeschäfts von Adolf Straus, das er nach der Auflösung des mit...