Wedel

 

Die Familie stammt aus Ihlenfeld in Mecklenburg. Im Jahr 1845 reiste der Konditormeister Karl Ernst Wedel aus Berlin nach Warschau. Begleitet wurde Wedel von seinem in Berlin geborenen Sohn Emil (1841–1919). Fünf Jahre nach seiner Ankunft, heiratete Karl Ernst 1850 Karolina geb. Wisnowski in Warschau. 1851 gründete er in der Miodowa-Straße einen Betrieb zur Schokoladenherstellung, den Emil 1865 in die Szpitalna-Straße verlegte und zu einer Fabrik erweiterte. Emils Sohn Jan begann 1927 mit dem Bau einer modernen Produktionsstätte in der Zamoyski-Straße in Praga und verlagerte später den Betrieb dorthin. Bis heute ist der Betrieb an diesem Ort zu finden.


Die Firma „E. Wedel” AG blieb bis zum Krieg im Besitz des letzten Mitglieds der berühmten Konditoren-Familie, Dr. Jan Wedel (1874–1960). Sein Neffe Franciszek Whitehead war als sein Nachfolger vorgesehen, aber der Kriegsausbruch machte diesen Plan zunichte. Franciszek Whitehead kämpfte 1939 bei der Verteidigung Polens mit, wurde jedoch verletzt und verlor dabei ein Bein. Sein Bruder George Whitehead war vor dem Krieg Vertreter der Firma E. Wedel in New York gewesen, in den Jahren 1940–1943 kämpfte er in der 308. Jägerdivision „Krakowski” in Großbritannien, danach als Fallschirmspringer im Dienst der britischen Spezialeinheit Special Operations Executive. Seinen Militärdienst beendete er mit hohen Auszeichnungen als Major bei der Royal Air Force.


Dr. Jan Wedel schaffte es nach dem Krieg, die Firma wieder in Gang zu setzen und auf der Grundlage der erhalten gebliebenen Vorräte erneut zu produzieren, wurde aber bald von seiner Funktion entbunden. Die wiederaufgebauten und erneut in Betrieb genommenen Firmengeschäfte wurden 1948 ebenso verstaatlicht wie auch die Häuser der Familie Wedel in der Szpitalna-, Narbutt- und Puławska-Straße. Die im Jahr 1949 verstaatlichte Fabrik firmierte nun unter dem Namen „Süßwarenindustrie-Betriebe 22. Juli“. Da die Vorkriegsmarke aber inzwischen weltweit bekannt war, erhielt sie 1960 den Namenszusatz „vormals E. Wedel”. 1990 kehrte die Firma zu ihrem alten Namen zurück und wurde in eine staatliche Gesellschaft umgewandelt, an der der US-Konzern PepsiCo Foods International Anteile erwarb. 1998 kaufte der britische Konzern Cadbury das Unternehmen auf, der 2010 von der amerikanischen Firma Kraft übernommen wurde. Aufgrund des großen Anteils von Kraft am polnischen Schokoladenmarkt, verpflichtete die Europäische Kommission Kraft, Wedel zu verkaufen. Im Juni 2010 erwarb daraufhin das japanische Unternehmen Lotte die Wedel-Betriebe samt der Marke „Wedel“.


In Warschau lebt die Nichte von Jan Wedel, Małgorzata Jasińska (geb. Whitehead), die Tochter von Eleonore Whitehead (geb. Wedel), sowie deren Tochter Elżbieta Libera. Die Erben von Jan Wedel haben in den letzten Jahren das Haus in der Szpitalna-Straße mit dem ersten Fabrikgebäude im Innenhof zurückerhalten. Auf diese Weise kehrte die Familie Wedel nach vielen Jahren in das Warschauer Stadtzentrum zurück. (TWŚ)
 

 

Eugenia Wedel geb. Böhm und Emil Albert Fryderyk Wedel. EJ-L

 

Familienfoto (links Emil Wedel, rechts Eugenia Wedel). EJ-L.

 

Eugenia Wedel (geb. Böhm), Ehefrau von Emil, mit der Tochter Eleonora, um 1900. EJ-L

 

Jan Józef Wedel rechts sitzend; daneben wahrscheinlich Dr. Felicjan Pintowski (Wirtschaftsdirektor der Wedel-Betriebe), stehend die Neffen...

 

Wedel-Fabrik in der Zamoyski-Straße im Warschauer Stadtteil Praga, Ansicht vom Kamionkowskie-See, um 1949. IS PAN

 

Kalender für das Jahr 1928, Reklame der Familie Wedel. TWŚ

 

Reklame der Firma „E. Wedel”, 1880. TWŚ

 

Wedel-Betriebskindergarten, 1930er Jahre. TWŚ

 

Sportklub „Rywal” (Rivale) der Wedel-Betriebe in der Szpitalna-Straße, 1927. TWŚ

 

Das Wedel-Haus an der Ecke der Straßen Puławska und Madaliński, in dem sich ein Firmengeschäft befand, 1937. APW

 

Wedel-Wohnhaus in der Szpitalna-Str. 8, erbaut 1893 nach einem Entwurf von Franciszek Brauman, Ansicht aus der Zwischenkriegszeit. E J-L

 

Wohnhaus der Familie Wedel in der Szpitalna-Straße in Warschau heute. Bild: Przemysław Klonowski